Ungleichheit in Deutschland. Jan van Aken im Gespräch mit Martyna Linartas

Shownotes

Deutschland ist Spitzenreiter - und zwar in Puncto Ungleichheit. Die reichsten zehn Prozent der Deutschen verfügen über mehr als zwei Drittel des gesamten Privatvermögens. Die Politikwissenschaftlerin Martyna Linartas hat das in ihrem Buch “Unverdiente Ungleichheit” untersucht und weiß, wie gefährlich eine solche Erbengesellschaft für die Demokratie ist.

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00:00:00: Die aller, allermeisten Menschen setzen Kapitalismus mit Marktwirtschaft und mit Tausch und Handel gleich.

00:00:05: Was eigentlich Kapitalismus wirklich ausmacht, ist eben, die großen Gewinner von Erwachsenen und Schere sind immer rechtsextreme Parteien.

00:00:13: So, auf gut Deutsch, Scheiße.

00:00:14: Heidi Reichenig hat gesagt, wir müssen den Kapitalismus überwinden und was ich dazu sagen würde.

00:00:18: Und ich so, ja, natürlich.

00:00:22: Wenn ich mir was wünschen dürfte, der Podcast mit Jan van Aaken.

00:00:29: Ja, heute ist bei mir Martina Linatas und ich freue mich so sehr, dass du da bist.

00:00:33: Willkommen, Martina.

00:00:33: Ich freue mich auch sehr, danke.

00:00:35: Die meisten von euch haben wahrscheinlich schon ihr Buch gelesen und verdiente Ungleichheit.

00:00:39: Wer das noch nicht getan hat, sollte das schleunigst nachholen, weil ganz viele von den Themen, die uns als Linke bewegen, die hast du da aufgearbeitet.

00:00:47: Ich finde es wirklich ganz, ganz wunderbar.

00:00:48: Da geht es darum, welche Strukturen für eigentlich auch in Deutschland dazu zu dieser Ungleichheit, aber vor allem auch, wie gefährdet Ungleichheit eigentlich unsere Demokratie?

00:00:56: Aber bevor wir darauf kommen, vielleicht ein paar Sätze.

00:00:58: Und zu dir?

00:00:58: Wer bist du, Martina?

00:00:59: Wo kommst du her?

00:01:00: Was machst du?

00:01:00: Und wie bist du auf die Idee gekommen, dieses Buch zu schreiben?

00:01:03: Genau, also ich bin Martina und bin Politikwissenschaftlerin.

00:01:06: Ich leere auch an der Freien Universität.

00:01:08: Seit kürzesten eben auch Autoren.

00:01:11: Und Kogorinderin von der Wissensplattform ungleichheit.info.

00:01:14: Ich hab über die ganzen letzten Jahre mich gefragt, was für mich das allergrößte Problem neu stellt und irgendwann festgestellt.

00:01:20: Es ist Ungleichheit.

00:01:21: Es ist die Schere zwischen Arm und Überreich, die wirklich so als Querschnittsthema zu anderen Herausforderungen steht.

00:01:27: Mein Glück war, dass, als ich gerade angefangen habe zu studieren im Master, dann ... Auch das Thema überhaupt größer wurde.

00:01:34: Es wurde wieder salonfähig.

00:01:35: Man konnte auch in der Akademie plötzlich wieder drüber reden.

00:01:37: Damals schrieb Thomas Piketty gerade Kapitän um den zweiten Jahrhundert.

00:01:41: Dann wurde Ungleichheit ein eigenständiges Nachhaltigkeitsziel.

00:01:44: In den letzten zehn Jahren hat sich ganz schön viel getan in diesem Feld.

00:01:47: Aber wir haben immer noch extrem viele Mythen, die durch den Raum warbern.

00:01:52: Sag mal, was liegt dir am meisten am Herzen?

00:01:55: Was man am meisten am Herzen liegt, ist definitiv jeder seines Glückes Schmied, was absoluter Quatsch ist.

00:02:00: Diese neoliberale Erzählung, es kommt immer nur auf einen selbst drauf an.

00:02:03: Man muss ja nur intelligent sein, ins Risiko gehen und sich was trauen.

00:02:08: Und wenn man es nicht geschafft hat, dann hat man halt selber versagt.

00:02:11: Und das Krasse ist ja, dass wirklich drei Viertel aller Deutschen immer noch daran glauben.

00:02:15: Das heißt, diese strukturellen Ungleichheiten, die wir in der Gesellschaft haben, alles, was diese Schere zwischen Armutübereich bedingt, das haben wir noch gar nicht so richtig verarbeitet und in die Breize der Gesellschaft getragen.

00:02:27: Deswegen habe ich auch... Um welcher Punkt Info mitgegründet, das ist eine Wissensplattform, haben wir schon vor ein paar Jahren gemacht.

00:02:33: Jetzt wird es auch endlich mal dem nächsten richtiger Verein, freue ich mich auch sehr darüber.

00:02:38: Ist das bei dir auch eine persönliche Erfahrung?

00:02:41: Wie bist du aufgewachsen mit Armut?

00:02:44: Ja, tatsächlich, das gebe ich auch im Buch so an als Anekdote direkt zu Anfang.

00:02:49: Das Schöne am Buch ist, man kann ja, also es ist ja, der Anspruch ist ein wissenschaftlicher, aber Prolog und Epilog sind nochmal sehr persönliche Noten.

00:02:57: Und im Prolog, also zu Beginn des Buches, erzähle ich auch, die mich einfach dieses Thema schon sehr früh gezeichnet hat, weil ich zwar in Armut groß geworden bin, selber insofern, dass als wir nach Deutschland gekommen sind, ich war keine zwei Jahre alt, das erste Jahr im Obdachlosenheim verbracht haben, dann aber auch, da war ich etwa acht Jahre alt, von der Familie, von meinem Papa, von der Patentante nach Mexiko eingeladen wurden.

00:03:21: Und meine Familie in Mexiko ist halt reich und mächtig.

00:03:25: Und es war so ein extrem krasser Kontrast zwischen dem.

00:03:28: man geht Sonntagsklamotten einkaufen, wenn man geht nur auf den Flummärkten einkaufen oder auf dem Schwarzmarkt im Polen hat alles original nachgemacht zu Hause.

00:03:37: So in den ersten Jahren.

00:03:38: Irgendwann haben meine Eltern.

00:03:40: echt, ich bin so stolz auf die.

00:03:41: Die haben sich extrem stark und schnell nach oben gearbeitet.

00:03:44: Die zählen zu den Glücklichen im System.

00:03:47: Ja, aber das halt so auf der einen Seite erlebt.

00:03:49: Und auf der anderen dann plötzlich wird man herumkutschiert in der Limousine von dem Chauffeur für meinem Onkel, der im Finanzministerium gearbeitet hat.

00:03:57: Und ist in Restaurants, wo die Kellner aussehen wie Pinguine, weil die alle Frags tragen.

00:04:02: Wow.

00:04:03: Kontrastreich.

00:04:04: Genau.

00:04:04: Hast du die Schere ganz direkt in deinem Leben erlebt?

00:04:06: Dieser Podcast heißt ja, wenn ich mir was wünschen dürfte.

00:04:09: Und das ist jetzt wie an alle meine Gäste die Frage an dich.

00:04:12: Wenn du dir was wünschen dürftest, politisch, was wäre eigentlich dein wichtigster Wunsch?

00:04:19: Bevor ich Politikwissenschaftlerin bin, bin ich Demokratin.

00:04:23: Und ich sehe, dass wir zwar jetzt gerade noch eine Demokratie haben, aber dass die eigentlich immer mehr zu einem Geist ihrer selbst wird oder zu einem Schatten ihrer selbst.

00:04:33: Und ich würde mir wünschen, dass Politik mal wieder ausgerichtet wird nach dem Demos.

00:04:37: Also wirklich demokratisch.

00:04:38: Dass wir eben nicht, wie in der Aktualität und auch in den letzten Jahrzehnten, alles immerzu nur ausrichten auf Wirtschaftswachstum und wir haben eine Quasi-Sakralisierung von Privateigentum.

00:04:50: Sondern dass wir echt sagen, das Allerwichtigste ist die Gesellschaftsform selbst, unser Gesellschaftsvertrag, die Demokratie.

00:04:55: Danach richten wir das aus.

00:04:57: Und das hinzubekommen, brauchen wir vor allem Solidarität.

00:05:00: Also ...

00:05:01: Und jetzt mal für den Botaniker hier, der nicht weiß, was Demos ist.

00:05:04: Was ist Demos?

00:05:05: Demos

00:05:05: ist das Volk.

00:05:07: Das Volk, ja.

00:05:08: So, weil momentan machen wir eben neoliberale Politik.

00:05:11: Das heißt... Sieht man ja im Alltag, es wird immer noch geglaubt, man müsste es einfach nur den Reichen und den großen Konzernen leichter machen und dann würden die da oben Wohlstand schaffen können, weil sie zum Beispiel besser behandelt werden, weil sie weniger Steuern zahlen und dann würde das herunter sichern zum Rest der Gesellschaft, die dann auch mehr und mehr Wohlstand aufbauen könnte.

00:05:32: Und ich hab zwei Probleme damit.

00:05:33: Das eine ist erstens mal, dass das sowieso absoluter Quatsch ist.

00:05:37: Also dieser Trickle-down-Ideologie, die ist reinster Quatsch.

00:05:41: Und das zweite ist überhaupt diese Ausrichtung.

00:05:42: Es geht halt um, wie kriegen wir Wohlstand aufgebaut?

00:05:46: Wie kriegen wir Wirtschaftswachstum aufgebaut?

00:05:48: Und nicht, wie kriegen wir eine starke Demokratie hin?

00:05:51: Das ist halt so ...

00:05:53: Du hast Solidarität genannt, also ganz wichtiger Wert.

00:05:56: Ich glaube ja, dass die ganz große Mehrheit der Menschen in Deutschland das mit den Ellenbogen nicht will.

00:06:01: Dass die eher, die tragenden Nachbarin natürlich den Einkauf hoch, die sind ehrenamtlich unterwegs, diese Million ehrenamtlich, die Fußballtrainerinnen und was es alles gibt.

00:06:10: Das heißt, es ist eigentlich sehr tief verankert auch in dieser Gesellschaft, dass man füreinander da ist, aneinander hilft und dann gibt es sozusagen die wenigen oder vielleicht sind es auch mehr, aber die Minderheit, die dann mit den Ellenbogen das alles sich selbst aneignen, teilt sie das?

00:06:24: Oder denkst du, nee?

00:06:26: Die Werte sind einfach völlig im Arsch mittlerweile.

00:06:29: Also gerade ist die Welt ein entscheidend stellender Marsch.

00:06:32: Aber ich teile das grundsätzlich.

00:06:33: Ich glaube sehr, sehr stark daran und das ist interessant, dass es natürlich diese verschiedenen Erzählungen gibt.

00:06:39: Die eine Erzählung ist, Menschen seien vor allem auf Konkurrenz aus und nur so käme man auch voran, auch in der Gesellschaft.

00:06:45: Das ist ja auch das, was uns eingetrichtert würde.

00:06:47: Und auch das ist ja so etwas, was wir in der Gesellschaft gar nicht geben.

00:06:50: There is no such thing in society, there are only individuals and families.

00:06:53: Also es gibt keine Gesellschaft, es gibt nur Familien und Individuen.

00:06:57: Mein Name ist Margot Tetschermaldi, die Eiserne Lady.

00:07:00: In den Großbritannien hat sie den Neoliberalismus groß gemacht.

00:07:04: Und dann gibt es die anderen.

00:07:05: Und das ist aber auch so tatsächlich etwas, was beispielsweise Anthropologinnen mehr und mehr herausgearbeitet haben.

00:07:11: Nee, die Gesellschaften sind dann wirklich am Florian gewesen, wenn man auf Kooperation und nicht auf Konkurrenz gesetzt hat.

00:07:17: Das ist auch das, was uns als Menschen ausmacht.

00:07:21: Wir funktionieren vor allem dann gut, wenn wir miteinander zusammenarbeiten.

00:07:25: Und nicht nur dieses Funktionale, es funktioniert dann gut, sondern man fühlt sich dann noch auch sehr viel besser.

00:07:30: Es fühlt sich auch besser an, genau so.

00:07:33: Und ich meine, das Wort, das hier im Raum steht, was wir noch nicht gesagt haben, heißt Kapitalismus.

00:07:38: Und es ist schon interessant zu sehen, was das in Deutschland für Schnappatmung auslöst, wenn man einmal den Kapitalismus kritisiert.

00:07:44: Ich weiß noch, wir hatten hier Pressekonferenz, da wurde ich wirklich richtig... Er regt von einem Springerjournalisten gefragt.

00:07:51: Heidi Reichenig hat gesagt, wir müssen den Kapitalismus überwinden und was ich dazu sagen würde.

00:07:55: Und ich so, ja, natürlich.

00:07:59: Empfindest du das auch so als radikal, wenn man sagt, Kapitalismus ist nicht das Ende der Geschichte?

00:08:04: Das Interessante ist, ich habe es früher eh nicht gesehen.

00:08:07: Also ich habe jetzt keine Schnappartenung bekommen.

00:08:10: Aber ich habe auch immer zu gedacht, alles, was man machen müsste, wäre den Kapitalismus zu reformieren, einzuhägen.

00:08:16: So im Sinne von ja, der Neoliberalismus ist das Problem.

00:08:20: Der Turbo, Kapitalismus, Finanzkapitalismus, aber jetzt nicht der Kapitalismus als solcher.

00:08:26: Und ich habe jetzt über die letzten Jahre hinweg immer mehr Literatur zu dem Thema gelesen und auch mehr und mehr auch historisch.

00:08:32: Sprich, wie tickte man eigentlich zu dieser Frage vor hundert oder vor hundertfünfzig Jahren?

00:08:37: Wir sind jetzt hier in der Bundesgeschäftsstelle von den Linken.

00:08:41: Rosa Luxemburg, auch extrem wichtige Figur.

00:08:43: Vor hundert vor hundertfünfzig Jahren sprach man noch ganz offen darüber, dass wir da diese beiden Systeme Kapitalismus und Sozialismus hätten und wofür man sich eigentlich einsetzen wollte.

00:08:54: Man hatte einfach Gespräch, man hat Diskussion darüber geführt.

00:08:56: Das war nicht verpönt, das war keine Keule, die geschwungen wurde heutzutage.

00:09:02: Heidi sitzt in irgendeiner Sendung, bringt drei, vier gute Argumente an, ihr konnt rein und weiß nicht, was ihr sagen soll, argumentativ drauf und sagt so, ja, sie ist schon wieder mit ihren sozialistischen Ideen und glaubt, damit ein Punkt gemacht zu

00:09:11: haben.

00:09:12: Ja, genau, ja, ja.

00:09:13: So, und das Krass ist, ich glaube, ehrlicherweise für viele Zuschauerinnen vor dem Fernseher schon.

00:09:19: Also, dass wir nach wie vor in Deutschland eine ganz, ganz große... Ja, ich weiß auch nicht.

00:09:24: Wir haben so einen großen Bammel vor diesem Wort.

00:09:27: Das wirkt so groß.

00:09:28: Ich glaube, die Menschen haben auch dann ganz schnell so die Erinnerung an DDR will man nicht, UDSSR will man nicht.

00:09:35: Und dann ist da quasi so eine Scheu vor.

00:09:37: Ich hatte vor ein paar Wochen ganz, ganz toll, war ich auch in der Veranstaltung vom DGB und da war Linus Westhäuser, ein supertoller Siziologe.

00:09:44: Hat unter anderem Schwiegerpunkte mitgeschrieben.

00:09:47: Echt ein ganz tolles Buch, kann ich allen nur empfehlen.

00:09:49: Und er hat so was Kluges gesagt, wie, dass die SPD sicher mittlerweile verboten hätte, über Sozialismus zu reden.

00:09:58: Also das sei so, als würde sich die FDP verbieten, über Liberalismus zu sprechen.

00:10:02: Super, ja, guter Punkt.

00:10:04: Und ich glaube auch, dieses Sozialismus gleich DDR, DDR war gleich schlecht.

00:10:08: Auf jeden Fall in Westdeutschland und in großen Teilen.

00:10:11: Außen verfängt das natürlich, ist ja völlig klar.

00:10:14: Aber wo war denn der Punkt für dich?

00:10:15: Also du sagst am Anfang hast du gesagt, naja, das ist der Neoliberatismus, das ist das Problem.

00:10:19: An welchem Punkt hast du für dich so gedacht, nee, wir brauchen vielleicht doch ein grundlegender anderes System?

00:10:24: Ich glaube, es war, als ich angefangen habe, mich mehr mit dem Thema Klima zu befassen.

00:10:29: Plus Ungleichheit.

00:10:30: Also für mich war die Frage entscheidend so, wie kriegen wir eigentlich, naja, als Politikwissenschaftlerin und wie gesagt vor allem als Demokratin, wie kriegen wir die Demokratie wieder gestärkt?

00:10:40: Und ich habe mir Arbeiten angeschaut aus verschiedenen Wissenschaften heraus und habe festgestellt, interessant, eigentlich sind es nur noch die WirtschaftswissenschaftlerInnen und ein paar Politologen, die am Kapitalismus festhalten und sagen, das muss es sein.

00:10:55: Wenn du aber KlimaforscherInnen fragst oder Leute aus der Soziologie, Anthropologie, Philosophie und so weiter, dann stehen die dem gegenüber ganz offen und anders dar, nämlich dass sie sagen, Moment mal, wir haben ja eigentlich nur ... In einem Planeten, der wird gerade verfeuert, weil wir nicht unendliches Wachstum auf einem ähnlichen Planeten haben können.

00:11:12: Dann war das so zehn Jahre?

00:11:13: Dass ich das gemerkt habe für mich?

00:11:15: Nee, viel jünger.

00:11:17: Ja, ich hatte ganz witzig mit einem Kumpel darüber diskutiert.

00:11:21: Also ein Freund von mir, der mich immer so, ja... Der hat mich quasi in die Ecke gedrängt und meinte, nee, das geht nicht mit diesem sozialdemokratischen Ansatz.

00:11:31: Und das ist der Kapitalismus, der überwunden werden muss.

00:11:33: Und ich so, boah, es klingt immer so radikal.

00:11:35: Ich meine, ich wurde nicht zu Hause politisiert.

00:11:37: Das heißt, für mich ist das alles dann immer so dieses Schritt für Schritt in eine Richtung gehen.

00:11:41: Und da hat mir ein Paar ... Bücher, Hausaufgaben wird aufgekleben.

00:11:45: Er meinte unter anderem zu mir, ich soll Eva von Reddicka Revolution für das Leben lesen.

00:11:50: Weiß nicht, ob du

00:11:51: das auch Reddicka

00:11:51: kennst?

00:11:52: Ganz tolle Philosophel.

00:11:54: Kraniose Frau.

00:11:56: Ich hab dieses Buch gelesen und davor halt auch schon den IPCC Report von den Vereinten Nationen, also der Report über das Klima, wo ja, ich glaub, im dreistelligen Bereich die besten Klima-Experten der ganzen Welt zusammenkommen, um festzustellen ... Egal, welches Szenario wir ausmalen, wir können nicht weiter so wachsen.

00:12:16: Und Kapitalismus, wie definierst du das?

00:12:18: Dann habe ich weniger als mehr von Jason Henkel auch zum Beispiel gelesen.

00:12:21: Wie definieren wir eigentlich Kapitalismus?

00:12:23: Ich glaube, die allermeisten Menschen, die das jetzt nicht unbedingt studieren und immer die saubersten Definitionen da haben, setzen Kapitalismus mit... Marktwirtschaft und mit Tausch und Handel gleich.

00:12:35: Und verstehen gar nicht so unbedingt, was eigentlich Kapitalismus wirklich ausmacht, ist eben dieses Wachstum, Wachstum, Wachstum.

00:12:44: Und wie wächst du eigentlich?

00:12:45: Du wächst halt, weil du mehr nimmst, als du zurückgibst.

00:12:49: Und die zwei größten Symptome, die du dann am Ende dieses Systems siehst, das auf Ausbeutung beruht, weil du eben mehr nimmst, als dass du zurückgibst, ist zum einen gesellschaftlich betrachtet die wachsende Ungleichheit.

00:13:01: Und zum anderen jetzt auch das Ökosystem bezogen um Welt und Klima.

00:13:05: Ich frage deswegen nach dem Zeitpunkt, ich habe ja lange Zeit bei Greenpeace gearbeitet und habe dann, als ich da nicht mehr war, von außen mitbekommen, dass sie das auch bei Greenpeace international so durchgesetzt hat in jedem ihrer Kampagnen, ob das in Wald ist oder mehrere oder Klima und so weiter.

00:13:19: Sie kommen am Ende immer an den Punkt, dass die Ungleichheit und der Kapitalismus das Problem sind.

00:13:25: Und die haben irgendwann auch gesagt, wir müssen das jetzt auch thematisieren.

00:13:28: Also das haben sie vorher, war das immer so ein No-Go.

00:13:31: Ich habe ja Ende der Neunziger hier in Deutschland bei Greenpeace gearbeitet.

00:13:34: Das war so, darüber rätst du nicht.

00:13:37: Und das hat sich dann auch wirklich geändert.

00:13:38: Verklarer, du kommst an die Grenzen deiner Kampagnenarbeit, wenn du das nicht auch mit denkst und auch nicht mit zum Thema machst.

00:13:45: Und heute sieht man das bei Greenpeace Kampagnen ganz oft, dass sie auch direkt auf die kapitalistischen Ursachen gehen dabei.

00:13:52: Ich finde es klasse.

00:13:53: Bei Greenpeace einenseits, die vom Klima her kommen und auf der anderen Seite Oxfam zum Beispiel, die von der Armutsbekämpfung kommen, zu Ungleichheit gewechselt sind und der neueste Reporter letzte Woche oder vor kurzer Zeit erschienen ist, da ging es ganz stark um den Zusammenhang von Ungleichheit und Klima.

00:14:08: Also wie die beiden Dinge auch mal mehr zusammen gedacht werden, weil sie auch zusammen gedacht werden müssen.

00:14:13: Lass uns mal über den Buch reden, was genau hast du gemacht?

00:14:17: Sag mal ein paar schöne Beispiele.

00:14:18: Es geht in meinem Buch um diese unverdiente Ungleichheit, in dem Sinne, dass ein großer Teil von Ungleichheit, von der Schere, am Reich eben nicht selbst verdient ist.

00:14:29: Sondern es geht vor allem darum, heutzutage, Deutschland ist schon jetzt, stand heute, eine Erbengesellschaft.

00:14:34: Also es geht nicht um das Glück, dass man sich selber schmiedet, sondern welche Familie wird man eigentlich geboren.

00:14:39: Die Erbschaftssteuer ist eigentlich auch progressiv angelegt.

00:14:42: Also je größer die Erbschaft oder schenkerliche Halte, desto höher sollte die Erbschaftssteuer ausfallen.

00:14:47: Eigentlich.

00:14:48: De facto, Löchergeiz in schwarzer Käse, die reisten Erben des Landes und die reisten Beschenkten des Landes zahlende am Ende fast gar nichts bis nichts an Erbschaftssteuer.

00:14:59: Weil einfach die letzten drei Erbschaftssteuerreformen, die wir hatten, waren komplett im neoliberalen Zeitgeist.

00:15:05: Und das bedeutet einfach, dass Leute, die zig Millionen, hundert Millionen, Milliarden erhalten, die Abschaftsteuer nicht wirklich zahlen.

00:15:12: Null Komma Eins Prozent oder so, ne?

00:15:14: Bei den Erbschaften über sechsundzwanzig Millionen.

00:15:17: Ja, ich glaube, die letzte Auswertung war ein bis anderthalb Prozent im Schnitt, jetzt im letzten Jahr die Debatte, die Steuerdaten, die sich Netzwerksteuergerechtigkeit genau angeschaut hat.

00:15:27: Also den wurden im Schnitt acht, neunzig, fünf Prozent der Steuer so mehr erlassen.

00:15:32: Wow,

00:15:33: Wahnsinn, oder?

00:15:34: Unfassbar.

00:15:35: In meinem Lieblingsthema, diese Verschonungsbedarfsprüfung.

00:15:37: Das ist ein schönes Wort, ne?

00:15:38: Genau.

00:15:39: Du kriegst, Chris, twenty-fünf Millionen geschenkt, musstest komplett Erbschaftsteuer, fünfzig Prozent möglicherweise, wenn du nicht verwandt bist.

00:15:46: Du kriegst, sechsundzwanzig Millionen geschenkt und zack, du musst so gut wie gar keine Steuern sein.

00:15:50: Weil

00:15:50: du dann bedürftig bist.

00:15:52: Ja, wenn du gerade nichts auf dem Konto hast.

00:15:54: Ja, das kriegt man ja schnell geregelt, ne?

00:15:56: Genau, gleich sind wir damit, ich gehe in den Supermarkt einkaufen, ... ... aber ich habe nur zwanzig, ... ... ich kann mir diese Mehrwertsteuer nicht leisten ... ... und dann ist die Idee geschenkt, da musst du nur zwanzig zahlen.

00:16:07: Das soll ich mal versuchen.

00:16:09: Also diese Verschrungsbedarfsprüfung hatten wir ja schon ein paar Mal, ... ... ist eine totale Sauerei.

00:16:14: Genau, und das ist eben das eine Thema, mit dem ich mich ganz, ganz stark befasse, ... ... ist diese Erbschaftsteuer.

00:16:19: Wie hat es sich historisch entwickelt?

00:16:20: Das mache ich einmal.

00:16:21: In einem kurzen Aufriff zeig ich das auf.

00:16:25: Und das ist wichtig deswegen, weil ich finde, dass die, dass Studieren von der Geschichte ein wirklich Hoffnung gibt.

00:16:30: Insofern, dass man merkt, dass Wammel die einzige Konstante ist.

00:16:34: Also du stellst fest, okay krass, es war nicht immer nur schwächer, schwächer, schwächer geworden.

00:16:38: Und jetzt sind wir beide Faktor Null für die Reisten.

00:16:41: Sondern es war ein Ping-Pong-Spiel.

00:16:43: Mal wird sie gestärkt, dann wird sie geschwächt, dann wird sie gestärkt, dann wird sie geschwächt.

00:16:47: Okay, also da ist die Hoffnung drin.

00:16:49: Ja.

00:16:50: Ich erzähle gerne die Geschichte, als ich in Nordrhein-Westfalen eine Wahl kam von der Weg.

00:16:53: Ich glaube, es war am Hauptplanhof in Bochum.

00:16:55: Ich hatte auch dieses T-Shirt an, habe ich natürlich heute dir die angezogen nochmal.

00:16:59: Das passt ja genau zum Thema.

00:17:01: Das sprecht mir eine Frau an.

00:17:03: Sie sind doch der von der Linken und sagt, sie finden das ja eigentlich vieles gut.

00:17:06: Aber warum immer so radikal?

00:17:08: Ich dachte, was genau meinen Sie jetzt so radikal?

00:17:11: Zum Beispiel Ihr T-Shirt.

00:17:13: Und sag ich, aber wissen Sie, Vermögenssteuer, die gab es unter Helmut Kohl.

00:17:16: Ja, ja.

00:17:17: Und der war ... CDU.

00:17:20: Und der war überhaupt nicht radikal.

00:17:22: Und das Irre ist, dass das heute als radikal geht.

00:17:24: Was vor dreißig Jahren CDU-Politik war.

00:17:27: Das finde ich echt immer wieder absurd.

00:17:29: Ja,

00:17:29: dieser Sozialist, ne?

00:17:30: Ja.

00:17:32: Helmut Kohl, dieser Sozialist.

00:17:33: Genau.

00:17:34: Vieles von dem, was du sagst, spricht mir aus dem Herzen.

00:17:37: Jetzt mal die Frage an dich.

00:17:38: Du beobachtest hier wahrscheinlich auch die Linke, was wir so tun, was wir fordern, was wir sagen.

00:17:42: Was machen wir richtig, was machen wir falsch?

00:17:44: Das Witzige ist, das haben sich meine Studis in den letzten Jahren bei mir angeschaut.

00:17:48: Ah, nein.

00:17:50: Hast du als Semesteraufgabe gegeben oder

00:17:52: was?

00:17:52: Nee, die haben sich ein eigenes Projekt ausgesucht.

00:17:54: Fand ich total klasse.

00:17:55: Ich habe so viele Studierende.

00:17:56: Das waren Studis von der Freien Uni.

00:17:59: Und die haben die Fragestellungen gehabt, welche Politik, vorallem einfach an welche Steuerpolitik der verschiedenen... Parteien, die sich zur Bundestagswahl aufgestellt haben und aller Wahrscheinlichkeit nach ins Parlament kommen würden.

00:18:13: Welche Politik würde inwiefern Ungleichheit reduzieren?

00:18:17: Dann haben die so einen Ungleichheitsscore entwickelt und das Ganze mal analysiert und sich angeschaut und haben festgestellt, bei den Linken, wenn man das so durchziehen würde, wie die Linke das im Programm stehen hat, dann würde die Ungleichheit am meisten reduziert werden, stärker als bei den anderen Parteien.

00:18:33: Aber auf jeden Fall wird es reduziert werden.

00:18:35: Das finde ich schon mal gut.

00:18:37: Aber fehlt dir was bei uns?

00:18:39: Oder sagst du an dem Punkt, da seid ihr noch nicht so richtig?

00:18:43: Also das gibt ja, wenn man das jetzt so historisch betrachtet, dieses ganze Tableau.

00:18:48: Also ich würde sagen, es muss generell Steuergerechtigkeit etabliert werden.

00:18:53: Und ich glaube so diese bei der Abschadsteuereform, bei der Vermögensteuereform, Einkommsteuermister reformiert werden, Mehrwertsteuer, also wirklich einfach gesamte Steuergerechtigkeit.

00:19:04: Ich bin mir gerade nicht sicher, ob ihr die Mehrwertsteuer zum Beispiel auch auf Grundnahrungsmittel und so weiter streichen würdet.

00:19:11: Auf null,

00:19:11: genau.

00:19:12: Perfekt.

00:19:13: Machen die Leute in Mexiko übrigens auch.

00:19:16: Das Erwöhungsabgabe,

00:19:16: habt ihr die

00:19:17: drin?

00:19:17: Die haben wir auch drin, genau.

00:19:20: Aber lass mal über die Mehrwertsteuer reden.

00:19:22: Weil da gibt es auch immer das Argument mehr Mehrwertsteuer, ist ja Gießkanne.

00:19:25: Das heißt, die reichen Zahlen auch Mehrwertsteuer.

00:19:29: Wenn ich jetzt Mehrwertsteuer auf Null setze, dann müssen auch die reichen weniger zahlen.

00:19:33: Und da die mehr erkaufen, haben die sogar einen größeren Ersparen.

00:19:37: Was sagt du zu dem Argument?

00:19:38: Ich finde es falsch, aber ich würde mal interessieren, wie konntest du das?

00:19:41: Insofern, dass man sich auch die Verhältnisse anschauen muss.

00:19:44: Eine Person, die armuts betroffen ist, konsumiert alles im Monat weg.

00:19:48: Da ist nichts, was noch auf die hohe Kante gelegt werden kann.

00:19:51: Bei den ärmeren bis Fünfzig Prozent.

00:19:54: in Deutschland haben die Menschen im Schnitt keine zwei Tausend Euro auf dem Bankkonto liegen.

00:19:59: Alles, was die am Ende des Monats haben ... oder am Anfang des Monats bekommen, ist am Ende des Monats weg.

00:20:03: Das heißt, für die ist die Mehrwertsteuer extrem wichtig, die greift wirklich rein, ins Portemonnaie frisst sie sich rein.

00:20:09: Na ja, klar, weil du ja alles, was du hast, davon kaufst du eben das Essen, du lebst da wirklich von der Hand in den Mund.

00:20:16: Oder eben hoffentlich noch ein paar Winterschuhe für die Kids, wenn es dann dafür reicht, so ungefähr.

00:20:22: Und bei Reichen ist es so, dass dann irgendwann eine Sättigung einsetzt.

00:20:24: Also ... Ja, die geben zwar in absoluten Zahlen mehr Geld aus, klar, weil die auch ganz anders konsumieren können, aber hier reicher du bist, desto mehr kannst du dann irgendwann auch an Geld, was du auf die Seite packen kannst.

00:20:36: Also die Sparquote wird größer.

00:20:38: Es setzt so eine Sättigungskurve ein.

00:20:40: Von daher ist die Mehrwertsteuer entsprechend wichtiger für Menschen, je ärmer man ist.

00:20:47: Und alle Flattaxis, alle einheitlichen Steuersätze.

00:20:50: Das ist echt so ein, ich glaube, das kann man sich grundsätzlich ganz gut merken.

00:20:55: sind für die Tonne.

00:20:56: Sind ungerecht, weil sie nicht progressiv sind.

00:20:58: Und wenn sie nicht progressiv angelegt sind, dann wirken sie unterm Strich, wenn man sich dann anguckt, wer zahlt, wie viel, regressiv.

00:21:05: Das heißt, jemand, der am Ende des Tages eben geringere Einkommen hat, wird am Ende des Tages mehr von seinem Gesamteinkommen an Mehrwertsteuer zahlen müssen, weil da einfach nichts übrig ist.

00:21:17: Das ist für mich jetzt ganz super, weil das kann ich mir merken.

00:21:20: Und das kann ich auch gut übersetzen.

00:21:21: Ja, es ist ja, wie gesagt, Botaniker und kein Wirtschaftswissenschaftler.

00:21:25: Deswegen toll.

00:21:26: Das finde ich eine gute Nummer.

00:21:27: Du hast ja noch ein ganz zentrales Thema bei dir.

00:21:29: Ist ja mehr die Demokratie.

00:21:30: Das ist ja auch was du am Anfang als dein Wunsch gemannt

00:21:33: hast.

00:21:34: Wie weit gefährdet denn diese Ungleichheit die Demokratie?

00:21:38: Über ganz viele verschiedene Kanäle.

00:21:40: Der eine Wirkungskanal ist, dass die Menschen ... die von Armut betroffen sind bis in die Mitte der Gesellschaft, sich zunehmend nicht mehr von der Politik vertreten sehen.

00:21:50: Und sie haben ja auch recht insofern, dass im Neoliberalismus, wir hatten ja am Anfang drüber gesprochen, dieser Trickle-down-Ansatz, Politik aktuell gemacht wird, vor allem für große Konzerne und für Reiche.

00:22:01: Weil mal ja davon ausgeht, das wäre gut für alle.

00:22:04: Die Leute sehen aber, hey, aber was ist mit mir?

00:22:06: Wenden sich zunehmend von entablierten Parteien ab.

00:22:09: Und es gibt auch einen direkten Zusammenhang zwischen einer wachsenden Ungleichheit und einem erstaagten rechtsextremistischen Parteien.

00:22:17: Das hat man sich angeguckt für zwanzig Industriestaaten seit in zwanzig Industriestaaten.

00:22:24: Man hat festgestellt, die großen Gewinner von der wachsenden Schere sind immer rechtsextreme Parteien.

00:22:31: So, auf gut Deutsch, Scheiße.

00:22:33: Ich weiß, ich muss als Politikwissenschaftlerin eigentlich überparteilig sein und das tue ich auch.

00:22:38: Ich sage jetzt auch nicht, setz dein Kreuz bei den Ninken, sondern hier bitteschön habt ihr die Analysen, zum Beispiel für mein Studis.

00:22:45: Wenn euch das Thema Steuerpolitik und Ungleichheit also wichtig ist, dann so.

00:22:49: Bei der AfD bin ich ganz klar, das ist eine absolute Gefahr auch für unsere Demokratie.

00:22:53: Also das ist da eine Kanal, so.

00:22:55: die Menschen verlieren zunehmend die vertrauen in politische Institutionen.

00:22:59: Das ist brandgefährlich.

00:23:01: Der andere Aspekt ist der, dass wir auch im Neoliberalismus sehen, dass die Lobby des großen Geldes immer mächtiger wird und die auch gehört wird.

00:23:09: Also die setzen Millionen ein, weil es um Milliarden geht.

00:23:13: Und man kann das ganz gut nachzeichnen, wer kann sich am besten Gehör verschaffen, für wen und nach welchem Gusto wird am Ende auch ein Gesetz geschrieben.

00:23:24: Und das bedeutet ja, dass dann aber diese Vorstellung von einer Demokratie ein Mensch, eine Stimme... Absurdung geführt wird.

00:23:31: Es ist immer mehr ein Euro eine Stimme und die stärkste aller Lobbygruppen in Deutschland ist nicht aus der Automobilbranche, nicht aus der Chemiebranche, sondern aus der Finanzwelt.

00:23:41: Also das ist vor allem die Steuerlobby.

00:23:44: Das ist der zweite wichtige Wirkungskanal.

00:23:46: und der dritte ist wirklich der, dass wenn man sich vermögen in Deutschland anguckt und die Krass Ungleichheit ist ja nicht bei Einkommen, sondern bei Vermögen.

00:23:52: Menschen, die ultrareich, die überreich sind, sind es ja nicht, weil sie so hart arbeiten.

00:23:57: Sondern die besitzen vor allem große Vermögen, die arbeiten für sie, nur das Vermögen nicht arbeitet.

00:24:04: Und je mehr man in der Vermögenspyramide nach oben geht, in der Verteilung, desto größer ist der Anteil von Erbschaften und Schenkungen.

00:24:11: Und selbst im Durchschnitt der Bevölkerung sehen wir schon heute, dass mehr als die Hälfte aller Vermögen aus Erbschaften besteht.

00:24:16: Das heißt, wir sind schon eine Erbengesellschaft, tendenzsteigend.

00:24:20: Und was ist das noch für eine Demokratie, in der es darauf ankommt?

00:24:23: Vor allem werde ich einmal von meinem Daddy erben, ja oder nein?

00:24:29: Du bist nicht deines Glückes Schmied, sondern deine Gene sind deines Glückes Schmied sozusagen.

00:24:33: Ja, das Glück, oder auch eben halt nicht das Glück dann in finanzieller Hinsicht.

00:24:38: Ich spreche auch bewusst nicht von Geburt in Lotterie, sondern von Sperma-Lotterie.

00:24:43: Weil es statistisch gesehen, gerade bei großen Vermögen, mehr auf den Vater drauf ankommt.

00:24:47: Also fast siebzig Prozent aller Millionäre in Deutschland sind männlich.

00:24:51: Und wenn du dir zum Beispiel die Vorabsliste anguckst, also die Liste der reisten Menschen in der ganzen Welt kommt erst auf Platz fünf zu einer Frau.

00:24:56: Nein.

00:24:57: Und ich meine, das ist auch so ein Punkt, warum dieser Aspekt unverdient so entscheidend ist.

00:25:03: Bedeutend, wenn man sich auch zum Beispiel die Top-Fünfzig der Vorabsliste anschaut, sind nur, warte, ich glaube, elf aus dem globalen Süden.

00:25:13: So, die anderen sind aus dem globalen Dornt, obwohl eighty-fünf Prozent der Weltbevölkerung globalen Süden leben.

00:25:18: Also es kommt darauf an, in welches Land du hinein geboren wirst und dann in welche Familie du hinein geboren wirst.

00:25:23: Mittlerweile sogar mehr in welche Familie als in welches Land.

00:25:25: Und das sind einfach Respekte, wo nur strukturell was getan werden kann, wo die Politik gegensteuern kann, im wahrsten Sinne des Wortes Texte Rich, wenn du ... Welche Reduzierung willst

00:25:35: du?

00:25:35: Bei der Vermögensteuer gibt es ja auch die Idee, dass man das global macht.

00:25:38: Weil wenn ich jetzt in Deutschland so ein Text wird, dann heißt es ja, dann hauen die Reichen alle ab.

00:25:42: Dann sag ich mal, tun sie nicht, gibt es Studien zu und vor allen Dingen gibt es ja auch eine Wegzugsteuer in Deutschland.

00:25:47: Aber trotzdem gibt es ja die Grundidee einer globalen Vermögensteuer.

00:25:51: Wo steht das gerade und was hält sie davon?

00:25:54: Ich halte sehr viel von diesem Vorschlag.

00:25:55: Von dem Vorstoß, der stammt tatsächlich von den G-twanzig Staaten, als gerade Brasilien den Vorsitz hatte, haben die den Gabriel Südmann darum gebeten.

00:26:04: Das ist einer der renommiertesten Ökonomen der ganzen Welt, da zu dem Thema arbeitet.

00:26:08: Und der hat dann die... Milliardärssteuer, die aber auch ausgeweitet werden könnte auf Zentimillionäre, also Menschen mit über hundert Millionen

00:26:15: Euro.

00:26:16: Hat da vorgestellt, Klassekonzept kann man sich einen Kuckensinn der neunvierzig Seiten.

00:26:20: Weil mal kurz, Milliardär jetzt in Dollar?

00:26:23: Ja, schon in Dollar.

00:26:26: Genau, wir haben in der ganzen Welt ein bisschen über dreitausend davon, die Milliardäre sind.

00:26:31: Wenn man jetzt das auf Deutschland anwendet und auch zum Beispiel Menschen mit reinziehen würde, die mehr als hundert Millionen

00:26:36: haben.

00:26:38: Dann hätten wir knapp viertausend Leute und wir hätten auf einen Schlag in Deutschland.

00:26:43: Also Milliardäre plus Menschen, die mehr als hundert Millionen.

00:26:45: Wir haben ja auch die vierte meist Milliardäre der Welt.

00:26:47: Das ist ja völlig irre, obwohl wir so ein kleines Pupsland sind.

00:26:50: Also im Vergleich zu Indien, China und USA.

00:26:53: Das ist der einen Aspekt und wir hätten auf einen Schlag die Finanzierungslücke von dreißig Milliarden könnten wir schließen.

00:27:00: Nur mit dieser Vermögensteuer.

00:27:01: Und

00:27:01: das ist nur eine zweiprozentige Vermögensteuer?

00:27:03: Zweiprozent auf, genau, auf Vermögen über hundert Millionen oder eben über eine Milliarde.

00:27:10: Die G-Twanzig-Staaten damals, achtzehn waren dafür, zwei sind ausgestehrt.

00:27:13: Das war einmal USA, surprise, surprise.

00:27:16: Und das andere unter Christian in Deutschland.

00:27:19: Wahnsinn, alle achtzehn waren dafür.

00:27:21: Ja.

00:27:21: Und jetzt ist es halt so, okay, jedes Staat muss halt für sich selber schauen.

00:27:25: Und das wurde halt unfassbar schwammig.

00:27:27: Aber immerhin hat man es mal geschafft, das auf die weltweite Agenda zu setzen.

00:27:30: Und auch ganz toll, es gab auch vor wenigen Tagen erst, Abstimmung einundzwanzig, da war ich mit dabei bei einer Petition so eine nachgestellte Volksabstimmung, bei der auch zigtausende Menschen abgestimmt haben.

00:27:42: Und da wurden sie genau nach diesem Konzept gefragt, ob sie Interesse daran hätten.

00:27:46: Fast neunzig, neunundachtzig Prozent aller Menschen, die abgestimmt haben, waren für eine reichen oder überreichen Steuer.

00:27:53: Fand ich ganz toll.

00:27:54: Warum

00:27:54: sind die anderen elfter gegeben?

00:27:55: Ich kann nicht sagen.

00:27:58: Ich glaube, weil sie daran glauben, dass das schlecht für die Wirtschaft sei.

00:28:02: Okay, das sind natürlich genau die Zienwerke, die reichen.

00:28:05: Es gibt so viele Mütendüten.

00:28:07: Viele glauben immer noch an dieses vom Tellerwäscher zum Millionären.

00:28:10: Jeder ist seines Glückes schmied.

00:28:12: Was wir am Anfang hatten und wollen dann selbst irgendwann die hundert

00:28:15: Millionen haben.

00:28:16: Das oder ich kann mir auch ganz gut vorstellen.

00:28:18: Also ich habe die Menschen natürlich nicht befragen können, aber ich kann mir vorstellen, dass dann eine gewisse Skepsis gegenüber dem Staat auch da ist.

00:28:24: Also was stellt er eigentlich mit den Steuergeldern an?

00:28:26: Kann halt auch passieren.

00:28:27: Aber de facto würde das bedeuten, wenn man so eine Steuer einführen würde, dass dann Überreiche wirklich... eigentlich nur unterm Strich so viel zahlen würden wie die Mittelschichtsfamilie aktuell.

00:28:38: Weil das ist halt das Absurde.

00:28:40: Also wenn du so reich bist, dann verdienst du ja keinen Einkommen aus Lohnarbeit, sondern einen Vermögen arbeitet für dich.

00:28:46: Wenn du also nicht Vermögen direkt besteuerst, dann besteuerst du die halt auch sehr, sehr viel geringer unterm Strich und effektiv, wie man so schön sagt.

00:28:53: Das heißt, eine zweiprozentige Vermögenssteuer würde schlussendlich dazu führen, dass hierzulande Millionäre und Milliardäre ihren gerechten Anteil zahlen würden und nicht die Kettel-Schicht-Familien mehr zahlen, wie das aktuell der Fall ist.

00:29:07: Hammer.

00:29:08: Du hast gerade gesagt, du hast auf Wirtschafts-Edite-Interviews, kannst du da mal kurz Anekdoten erzählen?

00:29:13: Ja, gerne.

00:29:14: Ich habe alle anonymisiert.

00:29:15: Das heißt, ich erzähle nie, wer mir wirklich was erzählt hat.

00:29:18: Das ist ganz wichtig.

00:29:19: Eine Anekdote war, da war ich in Mexiko.

00:29:23: In der Akteur kommt jetzt ein Buch nicht vor, sondern meine Dissertation.

00:29:26: Und wir haben uns zu einem zweiten Gespräch getroffen.

00:29:28: Nach dem ersten Interview meint er, das war voll die tolle Diskussion mit dir, das war keine Diskussion, ich habe dich nur Fragen gestellt.

00:29:36: Und dann meint er, okay, lass nochmal diskutieren.

00:29:39: Haben wir dann gemacht und haben mehrere Stunden.

00:29:41: dann diskutiert und wir haben uns bei ihm zu Hause getroffen.

00:29:44: und das war in der... in der prunkvollsten Gegend von ganz Mexiko statt, im neunzehnten Stockwerk von einem der feinsten Hotels auch der Stadt.

00:29:53: Und wie sich herausstellte, zahlt er da aber nicht pro Nacht dieses Suite, sondern die komplette Suite gehört ihm.

00:29:59: Und wir gucken so Panorama-Blick über die ganze Stadt und trinken, wie er sagte, den besten Whiskey der Welt.

00:30:05: Wir haben da bei dem diskutiert, war superwitzig.

00:30:09: Und dann meint er an irgendeiner Stelle was, wo ich dann sagst, ja, aber hör mal, das siehst du so, weil du so reich bist.

00:30:13: Und dann meint er so, nein, Martina.

00:30:16: Ich gehöre doch zu den ganz kleinen Fischen.

00:30:19: Ich denk mir so, das ist eine von mehreren Immobilien.

00:30:22: Von den anderen hast du mir erzählt und auch, dass du gerne mit deinem Privatjet nach Spanien fliegst, wenn du dann da Termine hast und so weiter.

00:30:28: Aber du gehörst zu den kleinen Fischen, also so diese ... Verzerrte Wahrnehmung, wo ich plötzlich dachte, wow, Friedrich Merz wirkt voll bescheiden, wenn er sagt, der ist oberer Mittelschicht.

00:30:37: Neben dem.

00:30:38: Das fühlen die tatsächlich

00:30:39: so, ne?

00:30:40: Scheinbar schon, weil die immer in dieser Bubble unterwegs sind und er ist dann wohl halt kein Multimilliardär, sondern nur ein Zentimilliardär, ich weiß es nicht.

00:30:49: So, das ist die eine Anekdote.

00:30:51: Die andere Anekdotes von einem Wirtschaftsboss aus Deutschland.

00:30:54: Wir haben uns unterhalten und er meinte, er war schon richtig so freudig aufgeregt.

00:30:58: Ich freu mich so sehr auf dieses Gespräch mit ihm.

00:31:01: Wie kommt das denn so?

00:31:02: Im Laufe des Gesprächs hat sich herausgestellt, weil er in seinem letzten Urlaub Kapital im einundzwanzigsten Jahrhundert von Thomas Piketty gelesen hat.

00:31:08: Das ist die Lektüre, die er sich gegeben hat im Urlaub.

00:31:12: um damit mir so ein richtiges Gespräch zu führen.

00:31:15: Ich habe ihm dann ja offene Fragen gestellt, wie er zur Ungleichheit steht und zum Staat und zu steuern.

00:31:21: Also eine Anlehnung an Piketty und an das und jenes.

00:31:24: Also Mensch, cool.

00:31:26: Auch Wirtschaftsakteure setzen sich durchaus mit dem Thema auseinander.

00:31:30: Machen sich da auch schlau und er war zum Beispiel sehr kritisch gegenüber der Ungleichheit eingestellt und meint auch, unser Steuersystem ist völlig marode und wir müssen die Reichen mehr besteuern und wir müssen auch die Erdhatssteuere reformieren.

00:31:41: Da meint er auch, warum zahle ich so wenig Steuern?

00:31:43: und Takola hätte ich viel, viel mehr gezahlt und wir hatten auch mal eine Vermögensabgabe und es hat er von sich aus alles so erzählt.

00:31:50: Dass so mal nochmal wie auch anders positiv

00:31:53: sein kann.

00:31:53: Gibt es einige, ne?

00:31:54: Ich habe ja einmal bei so einer Talkshow auch einen Millionär kennengelernt und mit dem habe ich mich jetzt auch schon ab und einmal getroffen, auch schon öffentlich was gemacht, der auch besser besteuert werden will und der sagt aber auch, auch mit den anderen, die auch eher reich sind, mit denen er zu tun hat, sagt er, da gibt es auch welche, die sind da total vernünftig, die sehen auch, dass die Gesellschaft das auf Dauer nicht aushält.

00:32:13: Darum geht es ihnen auch, ne?

00:32:14: Also das ist auch eine Demokratiefrage.

00:32:17: Aber super spannend.

00:32:18: Vor allen Dingen dieses genau Friedrich Merz sieht sich als Mittelschicht und hat aber mehrere Millionen oder obere Mittelschicht.

00:32:25: Ja, das sind die wenigsten Leute.

00:32:27: Also ich zahle mir ja den Durchschnittslon aus, zwei Tausend Achtundundfünfzig Euro.

00:32:34: Zwei Drittel der Menschen in Deutschland verstehen verdienen schon weniger, obwohl das der Durchschnittslon ist.

00:32:39: Das heißt, selbst mit diesen zwei Tausend Achtundundfünfzig gehöre ich schon zum obersten Drittel.

00:32:43: Das macht man sich überhaupt nicht klar.

00:32:45: Also wie groß das Gefälle ist.

00:32:47: Das glaube ich auch.

00:32:52: Man spricht nicht so viel darüber.

00:32:54: Deswegen ist es auch echt ein Phänomen, dass die Menschen generell sich auch zur Mitte zählen, egal ob sie an uns betroffen sind oder ob sie reich sogar überreich sind.

00:33:03: Die denken irgendwo sind sie dann da so in der Mitte.

00:33:07: Danke dir, Martina.

00:33:08: Ich fand das jetzt total spannend.

00:33:10: Danke dir.

00:33:12: Spaß gemacht.

00:33:12: Ich hoffe, wir sehen uns wieder auf dem einen oder anderen Podium-Demonstrationen, fast auch immer.

00:33:19: Jawoll.

00:33:19: Danke.

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