Kein Geld für Sozialarbeit? Jan van Aken im Gespräch mit Angela Pluschke

Shownotes

Am Sozialstaat zu kürzen ist ja bekanntlich die Lieblingsbeschäftigung von Friedrich Merz und seiner Regierung. Was ein sozialer Kahlschlag bedeuten kann, weiß Angela. Sie arbeitet in Berlin bei einer der größten Beratungsstellen gegen Gewalt an Frauen. Noch. Denn die aktuelle Kürzungswelle wird sie wahrscheinlich ihren Arbeitsplatz kosten - so geht es derzeit tausenden Menschen bundesweit.

Welche langfristigen gesellschaftlichen Folgen es hat, wenn immer weiter im Sozialen Bereichen gekürzt wird, darum geht es in dieser Folge.

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Transkript anzeigen

00:00:00: Also, eine Mal gibt es ja diese Gewalt, die ja passiert und wir wollen nicht, dass sie passiert, gegenüber Frauen oder auch sonstigen Leuten.

00:00:07: Jetzt bei Big ist es natürlich häusliche Gewalt, da sind eher Frauen betroffen, aber auch unter anderem deren Kinder.

00:00:12: Einen gestrichenen oder gekürzen Projekten wurde von der Bildungsverwaltung gesagt, dass wir uns doch an die Lotto-Mittelstiftung wenden sollen und da Anträge schreiben.

00:00:21: Ja, genau.

00:00:22: Das ist... Das ist unfassbar.

00:00:24: Das ist unfassbar, weil... Das ist eine staatliche

00:00:26: Aufgabe,

00:00:26: hier mit den Menschen

00:00:27: zu schützen.

00:00:28: Wir wollen ja auch dafür sorgen, dass die Kids verstehen, ich kann keinen Menschen besitzen, ich kann niemandem Gewalt antun und wenn mir Gewalt angetan wird, dann hole ich mir Hilfe.

00:00:37: Ich würde fast sagen, unser Projekt ist doch großartig.

00:00:40: Warum wurden wir denn gestrichen?

00:00:42: Ja, genau.

00:00:43: Wenn ich mir was wünschen dürfte.

00:00:45: Der Podcast mit Jan van Aaken.

00:00:50: Mein heutiger Gast ist... Angela Pluschke, schön, dass du da bist, Angela.

00:00:53: Hallo.

00:00:54: Du arbeitest noch, muss man sagen, beim BIC.

00:00:57: BIC ist die Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen.

00:01:01: Kannst du mal in drei Sätzen sagen, was genau ihr beim BIC macht?

00:01:05: Also BIC ist quasi die Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen und ihre Kinder.

00:01:10: Es ist so, dass es quasi eine Erstanlaufstelle für Beratungen ist.

00:01:13: Also es gibt die Big Hotline, zero, drei, null, sechs, eins, eins, null, drei, null, null.

00:01:18: Die ist jederzeit erreichbar.

00:01:20: Wir haben nicht nur die Big Hotline, wir haben auch eine mobile Begleitung.

00:01:23: Das heißt, wenn Frauen quasi ihre Kids zur Schule bringen, häufig sind die TäterInnen ja auch.

00:01:28: kontrollierend im Sinne von, was machst du gerade?

00:01:30: Das heißt, dann fangen wir die quasi ab und beraten die dann.

00:01:33: Es gibt auch mobile Begleitung für Kinder und dann gibt es auch die Big-Koordinierung, das ist quasi der zweite Teil von Big.

00:01:39: Die kümmern sich quasi um ganz Berlin, was braucht es, sitzen mit Polizei, Justiz und so weiter zusammen und schauen, was wird gebraucht.

00:01:46: Und es gibt auch die Big-Prevention, da arbeite ich.

00:01:50: Und du weißt, wie der Podcast heißt, wenn ich mir was wünschen dürfte, deswegen jetzt die ein Millionen-Dollar-Frage an dich, wenn du morgen Bundeskanzler wärst, was wäre das eine Ding, was du sofort verändern würdest?

00:02:01: Mehr Geld für alles.

00:02:03: Gesundheitssystem, Präventionsarbeit, Bildung, alles einfach.

00:02:08: Und mehr Geld spielt bei dir gerade eine besondere Rolle, weil du bist noch beim Bild, könntest noch kommt rein, weil bei euch auch gekürzt wurde.

00:02:15: Erzähl mal kurz, was ist die Lage?

00:02:16: Die Geschichte ist so, dass wir quasi Ende Februar im Zuge des Bewerbungsprozesses, weil wir nämlich eine vierte Stelle noch neu besetzen mussten, haben wir uns gerade entschieden für eine Person, für eine Bewerberin.

00:02:28: Eine Stunde später kam der Anruf, dass wir quasi ersatzlos gestrichen sind.

00:02:34: Wow.

00:02:35: Und das war natürlich dann auch nur, weil unsere Chefin auf Nachfrage bei der Senatsverwaltung gefragt hat.

00:02:40: Und dann hieß es ja, sie bekommt noch einen Brief und in dem Briefstand eben drin ab ersten vierten.

00:02:45: Das heißt, wir hatten fünf Wochen Zeit, um uns auf unsere Arbeitslosigkeit vorzubereiten.

00:02:50: was ein Wahnsinn ist.

00:02:51: Und das ist ja nicht nur für uns als einziges Projekt der Fall, sondern ja auch für andere Projekte.

00:02:56: Das

00:02:56: heißt, im April solltet ihr zu sein, jetzt haben wir Herbst, du arbeitest immer noch da.

00:03:00: Das heißt, irgendwas ist passiert?

00:03:01: Genau, es ist was passiert.

00:03:03: Und zwar haben wir unter anderem auch eine Petition mit über tausend Unterschriften gesammelt.

00:03:09: Was super war für alle, die unterschrieben haben.

00:03:11: Vielen lieben Dank.

00:03:12: Wir haben dann tatsächlich von der Senatsverwaltung für Inneris ein Budget bekommen.

00:03:16: Erst hieß es, zweihundertfünfzigtausend, jetzt waren es nur noch zweihunderttausend.

00:03:20: Und dann hieß es leider, dass es aber nur bis zum Ende des Jahres ist.

00:03:24: Und wenn ich so zynisch sagen darf, ist es irgendwie eine Form von Sterbehilfe gewesen.

00:03:29: Ja,

00:03:29: nicht im April, aber schön, ich sterbe bis zum Dezember und danach ist.

00:03:33: vorbei, absolute Sauerei.

00:03:35: Und für die Nicht-Berlinerinnen hier nochmal in Berlin gibt es halt unter dieser CDU SPD-Regierung eine unfassbare Kürzungswelle eigentlich in allen Bereichen, sozialen Bereichen.

00:03:45: Schauen wir mal auf die nächste Landtagswahl.

00:03:47: Die ist ja im nächsten September in einem Jahr und da gibt es ja eine große Chance, dass die CDU dann wieder rausfliegt aus der... Hoffen

00:03:53: wir es.

00:03:53: Hoffen wir es mal.

00:03:54: Tut

00:03:54: mir leid, dass ich das so sage, aber hoffen wir es.

00:03:56: Jetzt noch mal, was genau macht ihr?

00:03:58: Gewalt gegen Frauen, verstehe ich.

00:04:01: Was heißt Präventionsarbeit mit Kindern?

00:04:03: Was genau ist dein täglicher Arbeit

00:04:05: sozusagen?

00:04:06: Genau, also, eine mal gibt es ja diese Gewalt, die ja passiert und wir wollen nicht, dass sie passiert gegenüber Frauen oder auch sonstigen Leuten.

00:04:14: Bei Big ist es natürlich häusliche Gewalt, da sind eher Frauen betroffen, aber auch unter anderem deren Kinder.

00:04:20: Kinder sind eben mit betroffen, die sitzen beispielsweise im Nebenzimmer, hören die Gewalt, vielleicht sogar die Schreie der Mutter.

00:04:26: Vielleicht sehen sie sogar auch später die Wunden der Frau, der Mutter.

00:04:30: Sind also auch mit betroffen, sitzen dann häufig in der Schule, wollen vielleicht gar nicht nach Hause, sind isoliert, wollen gar keine Friends mit nach Hause bringen, weil die gar nicht wissen, wenn sie nach Hause kommen, was passiert da dann eigentlich.

00:04:39: Ist die Bombe wieder geplatzt, genau.

00:04:41: Und wir gehen quasi an Schulen.

00:04:43: Wir machen nicht nur Kinderworkshops mit den Kindern, sondern auch bilden die Lehrkräfte fort, Erzieherinnen und auch die Hausmeisterinnen.

00:04:50: Weil die nämlich dann häufig, wenn wir weggehen von den Kinderworkshops, öffnen sich vielleicht die Kinder, weil das, ich komme gleich nochmal zu den Kinderworkshops, weil die Kinder nämlich einfach lernen, dass sie sich öffnen können, wenn Sachen passieren.

00:05:00: Und wenn wir weg sind, bei den drei bis vier Tagen, wo wir den Kinderworkshop machen, kann es halt sein, dass die sich an andere Personen Erwachsene gegebenenfalls melden oder sich genau Hilfe holen.

00:05:11: Es kann auch passieren, was wir in Studien gesehen haben, dass die Kinder sich dann in der Peer Group sich anvertrauen.

00:05:17: Deswegen machen wir auch in den Kinderworkshops solche, wie kann ich meiner Freundin helfen?

00:05:21: und das Motto ist oder die Botschaft ist, wende dich an Erwachsene.

00:05:25: Weil nur die kennen quasi den Weg daraus.

00:05:28: Okay.

00:05:29: Genau.

00:05:29: Aber noch mal zu den Kinderworkshubs, das ist ja eigentlich unser Herzstück.

00:05:33: In den Kinderworkshubs machen wir so drei bis vier Tage, meistens so vierte bis sechste Klasse, haben dann unter anderem auch geringfügig beschäftigt, wo auch immer wieder gekürzt worden ist, muss man auch noch mal kurz dazu sagen.

00:05:43: Ganz kurz die Kinder da, das sind alles betroffene Kinder oder sind es einfach Schulklassen und sind also alle Kinder

00:05:49: sozusagen.

00:05:50: Wir gehen dann alle Schulen, die uns anfragen.

00:05:53: Und genau, gehen möglichst an alle Schulen.

00:05:56: durch die Kürzungen, können wir natürlich nicht alle Anfragen bedienen.

00:05:58: Wir haben jetzt auch mittlerweile, das ist ja natürlich hinfällig, weil wir gestrichen worden sind, aber wir haben eine Warteliste bis zum Jahr zwanzig sieben und zwanzig.

00:06:04: Genau.

00:06:05: Genau.

00:06:06: Das heißt, die Schulen fragen das an?

00:06:07: Genau.

00:06:08: Und

00:06:08: weißt du, ob die Lehrer das anfragen, weil sie mitkriegen?

00:06:10: Bei ihr in der Klasse gibt es betroffene Kinder, wo zu Hause Gewalt ist, sondern machen es einfach allgemein, weil sie es

00:06:16: gut finden.

00:06:16: Genau.

00:06:17: Es gibt ein paar Schulen, da gehen wir häufiger hin, weil wir da auch gut mit denen zusammenarbeiten können.

00:06:21: Da gibt es dann eben Lehrkräfte, die sowohl als auch entweder Auffälligkeiten sehen oder einfach das sich wünschen.

00:06:26: Und dann gibt es natürlich auch Schulen, mit denen haben wir noch nie Kontakt gehabt.

00:06:30: Da wissen wir das dann häufig nicht, aber eigentlich läuft das so ab, bevor wir in den Kinderworkshops gehen, machen wir ihn vor.

00:06:35: mit der Lehrkraft, um einerseits zu wissen, hatten ja schon mal Kinder Kontakt mit dem Jugendamt, gibt es Auffälligkeiten, welche Streitereien passieren in der Klasse, damit wir so ein bisschen eine Idee haben, wo gehen wir eigentlich hin?

00:06:47: Ich meine, das ist ja eine große Aufgabe.

00:06:49: Ich meine, wie viele Tausende Kinder, die er nicht erreicht, aber viele Tausende erreicht und wie könnte eigentlich messen, dass es funktioniert?

00:06:57: Ja, wir wurden tatsächlich geben immer den Lehrkräften so Evaluationsbögen für die Kinder mit.

00:07:04: Und wir wurden auch von, ich glaube, Julia Herdlein, noch mal so wissenschaftlich evaluiert.

00:07:10: Und da wurde festgestellt, dass die Methoden, die wir einsetzen, eine hohe Wirksamkeit haben.

00:07:15: Unter anderem messen wir es daran, dass die Kids sich nach einer Woche noch an die Nummer vom Kindernotdienst erinnern können.

00:07:22: Das beispielsweise.

00:07:23: Und wir bieten auch an während der Workshops, also es kann halt passieren, dass sich Kinder uns auch anvertrauen.

00:07:29: Das heißt, innerhalb von kürzester Zeit kann es passieren, dass einfach die Kids ... drei bis vier Tage einfach so ein hohes Vertrauensverhältnis zu uns haben, was nicht nur unter anderem daran liegt, dass wir extern sind, sondern auch, weil wir nicht benoten.

00:07:43: Genau.

00:07:44: Und unter anderem, es gibt ja auch die Schulsozialarbeit, die auch gekürzt worden ist, Randnote dabei.

00:07:51: Und weil wir eben so eine externe Fachkraft sind, passiert das dann halt, dass die sich uns anwenden.

00:07:56: Und dann bleibt das natürlich nicht bei uns, sondern wir müssen das vertrauensvoll in die Hände von Schulsozialarbeit und auch der Lehrkraft geben.

00:08:03: Weil wir ja nicht wollen, dass das Kind dann alleine gelassen wird damit.

00:08:06: Und es ist nicht nur immer das Thema häusliche Gewalt, sondern auch Mobbing, schulische Konflikte, Übergriffe, etc.

00:08:11: Also auch das

00:08:11: ... Aber das heißt, du machst dir einen Workshop, am letzten Tag kommt ein Känze, sagt was, was passiert dann?

00:08:17: Genau, dann sagen wir erstmal, lass uns doch mal in einen anderen Raum gehen.

00:08:22: Erst mal ein privates Verhältnis schaffen sozusagen, sicheren Raum für das Kind.

00:08:27: dann auch noch mal genauer fragen, was passiert eigentlich, bevor wir natürlich zu den SchulsozialarbeiterInnen gehen und wollen dann auch möglichst im besten Fall sofort für das Kind mögliche Hilfestellungen geben.

00:08:39: Beispielsweise, wenn das Kind auch sagt, ich will nicht mehr nach Hause, dann dürfen wir es gar nicht nach Hause gehen lassen.

00:08:45: Dürfen wir

00:08:45: nicht.

00:08:46: Das geht nicht, genau.

00:08:47: Wenn das Kind, dann bleibt das Kind dort und wir rufen das Jugendamt an und dann kommt eine Mitarbeiterin oder Mitarbeiter vom Jugendamt vorbei und kümmert sich dann um das Kind.

00:08:57: Genau, das passiert leider auch.

00:09:00: Aber das ist jetzt nicht unbedingt unser Part.

00:09:03: Wir bleiben natürlich so lange da, wie wir können.

00:09:06: Aber immer eine Lehrkraft muss immer dabei sein.

00:09:08: Das ist jetzt die ganz praktische Hilfestellung, die ihr macht, in

00:09:12: der

00:09:12: Präventionsarbeit.

00:09:13: Und dass du mehr Geld brauchst als weniger, ist ja auch klar.

00:09:16: Aber die andere Dimensionen drin ist die politische.

00:09:20: Was würdest du sagen, kannst du politisch auch gegen diese ganze Gewalt, gegen Frauen tun?

00:09:25: Tausende von Fällen in Deutschland.

00:09:26: Ich weiß, meine Tochter zählt immer die Feminizide im Jahr.

00:09:31: Das ist ja unfassbar.

00:09:32: Das, was jeden Tag eine Frau umgebracht wird von ihrem Partner oder Ex-Partner.

00:09:35: Das ist ein riesiges Problem.

00:09:38: Und das eine ist sozusagen mit der Sozialarbeit das Aufzufangen, ganz praktisch.

00:09:42: Aber was kann sie politisch eigentlich tun?

00:09:44: Also was wären da deine Ideen oder Vorschläge, wie man herankommt?

00:09:47: Also, da würde ich jetzt direkt nochmal wieder zu der Kürzungspolitik kommen.

00:09:50: Weil nämlich zum Beispiel das Berliner Zentrum für Gewaltprävention ja auch TäterInnen Arbeit leistet.

00:09:56: Die wurden auch gekürzt.

00:09:58: Ich glaube sogar komplett gestrichen.

00:10:00: Genau, das find ich fatal, weil nämlich da werden beispielsweise so Anti-Aggressions-Training oder überhaupt über die Situation gesprochen.

00:10:08: Mit jeder einzelnen Person werden bestimmte Sachen erarbeitet, verschiedene Methoden ausprobiert, etc.

00:10:13: Ich glaube, da ist es halt auch schon so, es ist passiert.

00:10:16: Aber vielleicht kann ja auch Präventionsarbeit, und wir wollen ja auch tatsächlich mit unserer Präventionsarbeit dafür sorgen, dass die Kids verstehen.

00:10:25: Ich kann keinen Menschen besitzen.

00:10:27: Ich kann niemandem Gewalt antun.

00:10:29: Und wenn mir Gewalt angetan wird, dann hole ich mir Hilfe.

00:10:33: Das ist eigentlich, ich würde fast sagen, unser Projekt ist doch großartig.

00:10:38: Warum wurden wir denn gestrichen?

00:10:40: Ja genau, das ist die große Frage.

00:10:41: Aber das ist hier in Berlin ja die Gießkantenpolitik.

00:10:45: Nicht gießkannel hört sich nach vielen anderen, sondern gießkannel wie sich überall zu kürzen.

00:10:49: Das kann sich ja ganz schnell ändern im nächsten Jahr, wenn gewählt wird.

00:10:53: Da hoffe ich ein bisschen drauf, dass sich da tatsächlich mal was ändert.

00:10:56: Ja, hoffen wir.

00:10:58: Und wenn das jetzt so drastisch gekürzt wird, was genau fällt jetzt weg?

00:11:02: Eigentlich ganz viel.

00:11:05: sag ich aus meiner Position.

00:11:08: Einerseits lernen die Kinder nicht mehr, dass sie ein Anrecht haben, keine Gewalt zu erleben.

00:11:14: Es gibt das Recht auf gewaltfreie Erziehungs- und Kinderrecht.

00:11:17: Als auch, dass die Kinder sich Hilfe holen können.

00:11:19: Die kennen vielleicht gar nicht die Hilfestellen.

00:11:21: Die Kinder lernen, dass sie sich anvertrauen können.

00:11:24: Es ist ja nicht nur Hilfe holen, heißt ja nicht, ich rufe da an anonym und dann hab ich meine Last erzählt und mir geht's gut.

00:11:30: Sondern es muss ja auch interveniert werden.

00:11:33: Weil nur wenn was erzählt worden ist, heißt es ja nicht, dass die Sache geändert worden ist.

00:11:37: Genau.

00:11:38: Das heißt auch, sie lernen sich anvertrauen zu können.

00:11:40: Sie lernen auch, dass sie sich anvertrauen können und es passiert was.

00:11:44: Häufig haben die Kinder Angst, dass was passiert, aber es ist eigentlich zum Besseren.

00:11:48: Wenn die Gewaltperson raus ist, dann ist schon mal viel gefunden.

00:11:53: Als auch die Lehrkräfte ... Wissen können gar nicht ihre Handlungssicherheit erproben, weil in den Fortbildungen machen wir beispielsweise, füllen wir den Mitteilungsbogen ans Jugendamt-Ei aus und wir laden sogar auch das Jugendamt ein.

00:12:05: Das heißt, die Lehrkräfte lernen dann auch das Jugendamt kennen, die Mitarbeiter in vor Ort.

00:12:10: Und was ich vorhin auch vergessen habe zu sagen, bei der Big-Prevention, bevor wir in die Kinderworkshops gehen, bieten wir auch Elternabende an.

00:12:17: Das heißt auch dort... lernen die Eltern, erst mal werden die sensibilisiert, das häusliche Gewalt auch Auswirkungen hat auf das Kind und nicht nur auf die beiden, die irgendwie diese Gewalt ausüben oder erleiden müssen, sondern auch, vielleicht sind die ja selber betroffen, merken, ach so, das Kind kann sich nicht in der Schule konzentrieren, es hat also auch Auswirkungen auf den Bildungserfolg meines eigenen Kindes oder der Freundin oder wem auch immer.

00:12:40: Genau, das alles fällt weg.

00:12:42: Das heißt, es ist eigentlich eine große Kontaktmöglichkeit für den Bereich Genau, häusliche Gewalt bezogen auf Kinder und auch Jugendliche.

00:12:51: Wahnsinn.

00:12:52: Und am Ende sind die Kinder jetzt wieder völlig allein damit, wissen gar nicht, was sie tun wollen und kommen in diesen Zirkel der Gewalt

00:12:59: rein.

00:12:59: Genau.

00:13:00: Was?

00:13:01: Tut ihr denn dafür irgendwie, dass euer Projekt, dass ähnliche Projekte weiter bleiben?

00:13:05: Ihr habt eine Unterschriftenliste gemacht, ihr seid bis zum Jahresende erst mal verlängert worden.

00:13:10: Oder was können wir denn auch tun, um euch zu unterstützen?

00:13:12: Bis zur Landeswahl in Berlin irgendwie, dass ihr da bis dahin wenigstens überlebt.

00:13:17: Das Ding ist, dass wir tatsächlich eigenhändig entschieden haben, nicht mehr weiter zu bestehen.

00:13:25: Weil uns diese ständigen Jahre von jedes Jahr gekürzt worden und jetzt sogar gestrichen.

00:13:30: Wir haben jetzt tatsächlich aufgrund von, uns wurde ja nicht nur uns, sondern allen gestrichenen oder gekürzenen Projekten wurde von der Bildungsverwaltung gesagt, dass wir uns doch an die Lotto-Mittelstiftung wenden sollen und da Antriege schreiben.

00:13:43: Ja, genau.

00:13:44: Das

00:13:45: ist unfassbar.

00:13:45: Das ist eine

00:13:47: staatliche Aufgabe, hier

00:13:48: mit den Menschen

00:13:49: zu schützen und zu sagen, ihr kriegt ja vielleicht ein paar Taler von der Lotto-Stiftung, um hier die Frauen vor der Gewalt der Männer zu schützen.

00:13:56: Das geht überhaupt

00:13:56: nicht.

00:13:56: Genau.

00:13:57: Und es ist ja nicht nur hier die Anti- oder Präventionsprojekte, sondern auch die queeren Jugendschutz-Einrichtungen etc.

00:14:03: Alle sollten quasi dahin, um alle erstens.

00:14:07: Dann ist es für uns irgendwie auch aussichtslos, wenn jetzt alle einen Antrag da schreiben und obendrauf muss es auch ein neues Konzept sein.

00:14:15: Das bedeutet, unser Altbewert, das fast zwanzig Jahre lang machen wir diese Arbeit.

00:14:21: Was super funktionieren.

00:14:22: Was

00:14:22: super funktionieren.

00:14:23: Aber wir müssen jetzt was Neues erfinden.

00:14:25: Damit ihr Geld kriegt.

00:14:26: Also habe ich jetzt richtig verstanden, ihr habt für euch entschieden, ihr macht Ende Gelände.

00:14:30: Ende des Jahres macht ihr zu.

00:14:31: Ja.

00:14:32: Dieser Schwebezustand, in dem wir da ständig auch irgendwie geschwommen sind, ich weiß noch von der Kürzungswelle, ich glaube, es war... oder so was, wo ich dann auch so andere Projekte teilweise auch angerufen habe und gesagt habe, hey Leute, wir müssen noch irgendwie was organisieren, zusammen solidarisch etc.

00:14:49: Und dann war ein Projekt, wo ich ganz genau gelesen habe, dass die gestrichen sind.

00:14:53: Und dann dachte ich, oh, was ist das jetzt für eine Aufgabe von mir, denen zu sagen, dass die gestrichen sind?

00:14:59: Das ist eigentlich nicht mein Job.

00:15:00: Genau.

00:15:02: Dann haben wir natürlich auch irgendwie was zusammengestellt, aber Long Story Short, dieser Schwebezustand war für uns einfach nicht mehr aushaltbar.

00:15:10: Und wir haben jetzt auch einfach andere Wege gefunden, beziehungsweise ich noch nicht und meine Kollegen auch nicht.

00:15:15: Aber das sind so...

00:15:17: Ja.

00:15:17: Also wenn ihr das jetzt nicht mehr macht, ich meine die Perspektive ist dann, dass es in den nächsten Jahren mehr häustliche Gewalt in Berlin gibt, dass die Kinder noch weniger geschützt sind davor.

00:15:28: Gibt es einen Zusammenhang zwischen Kindern, die in gewalttätigen Haushalten aufwachsen und in der Selbstgewalttäter werden?

00:15:34: Es gibt einen Gewaltkreislauf, der nennt sich auch Teen-Dating-Violence.

00:15:38: Wir haben auch Teen-Dating-Violence.

00:15:42: Das bedeutet, wenn die Kids quasi in ihrem Umfeld oder auch zu Hause häusliche Gewalterleben erlebt haben, haben die quasi so die Vorstellung von, ah, das ist Liebe oder so funktionieren Beziehungen.

00:15:51: Das bedeutet, dass die in ihrem späteren Lebenslauf, beispielsweise in den ersten romantischen Beziehungen oder auch später, dasselbe entweder praktizieren oder erdulden.

00:16:01: Oder aber ... Glücklicherweise gibt es auch Menschen, die sagen, niemals würde ich das, was ich erlebt habe, meinen Kindern an tun.

00:16:09: Genau.

00:16:10: Das sind halt die wenigen.

00:16:12: Das ist in dem Moment, wo ihr jetzt wegfällt, haben wir auch in zwanzig Jahren noch ein Problem.

00:16:17: Auf jeden Fall.

00:16:19: Aber genau, wenn wir wegfallen sozusagen, unsere Expertise ist weg.

00:16:24: Das heißt, wenn wir wegfallen, wir haben natürlich irgendwie versucht, möglichst alles zu dokumentieren, vielleicht in... im September Landtagswahlen, wer weiß, aber es ist ja ein Doppelhaushalt.

00:16:36: Deswegen sehen wir...

00:16:37: Der ist im Jahr zwanzig, sechsund zwanzig, siebenundzwanzig.

00:16:39: Aber haben sie da nicht aufgestockt?

00:16:41: Ist das nicht so wahlgeschenkmäßig, dass jetzt im Jahr der Landtagswahl irgendwie das aufgestockt wurde, aber da ist auch für euch nicht mehr genug Geld drin?

00:16:50: Ja, also ich finde es super, wenn mehr Geld da ist für andere Projekte, aber dieser Schwäbezustand.

00:16:57: Das könnten wir als Linker da tun, in Berlin oder bundesweit.

00:17:01: Also, gib es da was, was du dir wünschen würdest, Alter, nun mach mal.

00:17:06: Also, mein Wunsch oder unser Wunsch an die Linke wäre tatsächlich, dass häusliche Gewalt als Tagesordnungspunkt gemacht wird.

00:17:16: Das heißt, wenn die Gewalt nicht, ich meine, die geht nicht weg, das ist uns vollkommen bewusst, aber die soll weniger werden.

00:17:23: Ich meine, in den Jahr zwanzig gab es dreihundertsechzig Femizide.

00:17:27: Das heißt, dreihundertsechzig Frauen, in dem Fall Winter, wurden umgebracht.

00:17:34: Jeden Tag einen im

00:17:35: Schnitt.

00:17:35: Genau, sozusagen, ja.

00:17:37: Und das ist fatal.

00:17:38: Und es geht ja immer als Beziehungstat.

00:17:40: Genau, ja.

00:17:41: Das

00:17:41: ist Mord, das ist totaler Mord, aber es geht als Beziehungstat, Beziehungsdrama und so weiter.

00:17:47: Der Täter wird den meistens auch nicht benannt, sondern Drama zwischen zwei Lieben dann angeblich.

00:17:51: Genau, also mein Wunsch wäre es, dass es zum Tagesordnungspunkt gemacht wird und mehr Geld.

00:17:58: einfach mehr Geld.

00:17:59: Und aber auch, dass es in progressivere Bewegungen kommt, weil ich nämlich schon sehe, dass diese ganzen Kürzungen, die sind ja auf irgendeine, von mir aus feministische, queerpolitische Ausrichtung, das wird ja gerade alles irgendwie diese Seite wird so gestrichen.

00:18:16: Und ich fände es gut, wenn quasi häusliche Gewalt nicht nur im Bereich der Bildung, weil ... Was hat denn häusliche Gewalt mit Bildung zu tun?

00:18:22: Klar, wir wollen die Kinder fortbilden, indem wir nicht wollen, dass Gewalt passiert, etc.

00:18:27: Und dass sie das auch wissen.

00:18:28: Aber eigentlich sollten alle Senatsverwaltungen dafür sorgen, dass die häusliche Gewalt nicht mehr passiert.

00:18:34: Absolutes Querschnittsthema.

00:18:35: Genau, total.

00:18:37: Und deswegen auch, warum sind wir eigentlich bei Senatsverwaltung für Bildung?

00:18:40: Wir wollten auch schon zu Senatsverwaltung für Gleichstellung.

00:18:43: Aber dann hieß es kein Geld da.

00:18:45: Also es ist so ein bisschen ... Genau, was wünschen wir uns?

00:18:48: ... Mehr Geld und Tagesordnungspunkt.

00:18:52: Und zum Thema

00:18:52: machen.

00:18:53: Und zum Thema machen, genau.

00:18:55: So, und jetzt ganz zum Schluss noch mal die Frage, gibt es noch was, was ich mitnehmen sollte?

00:19:02: Milliardenangeld.

00:19:04: Milliardenangeld.

00:19:06: Nur fürs Big.

00:19:07: Nee, so meinst du das nicht.

00:19:07: Nein,

00:19:08: nein, nein.

00:19:08: Für einfach alle Projekte, die gestrichen worden sind oder auch noch teils bestehen, weil alle Sachen gibt es schon.

00:19:17: Auch bei der Lotto-Mittel-Stiftung.

00:19:18: Klar, neue Konzepte sind immer wunderbar, aber die Sachen gibt es.

00:19:23: Sie sind wissenschaftlich auch erprobt, nicht nur bei uns, auch bei anderen.

00:19:26: Beispielsweise hier TETA-Innenarbeit bei BZFG, bei Liener Zentrum für Gewaltprävention.

00:19:31: All diese Sachen gibt es schon.

00:19:33: Wir haben Geld, wo sollen die herkommen?

00:19:35: Ich habe ja mal gehört, dass der Staat oder Berlin an sich eine schwarze Null haben will.

00:19:41: Meiner Meinung nach aber können auch Schulden gemacht werden eines Staates und diese schwarze Null ist eigentlich total hinfällig.

00:19:50: Die schwarze Null haben wir hier, die heißt Wegnamen.

00:19:52: Aber

00:19:53: diese hoffen nicht im nächsten Jahr abgewählt.

00:19:56: Ja, und ansonsten finde ich, gibt es auch in Berlin die Millionäre und Milliardäre, wo man mit Vermögenssteuer einiges in Geld reinspringen könnte.

00:20:02: Das ist aber unser Job dann.

00:20:03: Genau, ja,

00:20:04: Text-A-Ridge auf jeden Fall.

00:20:06: Also ich meine, wenn die Leute alle nach Sylt fliegen mit ihrem Privatjet, dann warum?

00:20:10: Genau.

00:20:10: Es gibt auch einen Zug, der dahin fährt.

00:20:12: Und deshalb dafür lieber hier unsere Kinder vor Gewaltschützen und

00:20:15: die Frauen.

00:20:15: Genau, ja.

00:20:16: Danke dir für deine Arbeit, Angela.

00:20:17: Danke Ihnen so.

00:20:18: Und

00:20:18: danke, dass du da warst.

00:20:19: Danke.

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